„Wenn der Himmel, seines erhabenen Abdrucks beraubt,
Aufhören könnte, Gottes Gegenwart zu beweisen,
Wenn Gott also nicht existierte,
So müsste man ihn erfinden.“ (Voltaire)
"Damit kippen die eben noch erhabenen Verse in ätzende Satire um: Gott ist zu schön, um wahr zu sein, umso überzeugender muss man ihn dem Volk vorspiegeln. So lautet das Credo des fünfundsiebzigjährigen Agnostikers Voltaire.“ (Volker Reinhardt)
Mit Zitaten und anschließenden erklärenden Sätzen wie diesen geleitet Volker Reinhardt durch die Lektüre.
Das Leben Voltaires wird in einer prächtigen Erzählung mittels Einblendungen seiner Briefe und einer chronologischen Analyse seiner Werke geschildert.
Der Tenor des Narratives ist stets Voltaires Betätigung als kritischer Aufklärer, Liebhaber der Vernunft, Dramaturg des französischen Hofes, Günstling von Sanssouci und herausragender Denker, beinahe jenseits jeglicher gesellschaftlichen Konvention. Mit der Ausnahme, dass auch er von jenen finanziert wurde, deren Umtriebe er am vehementesten anprangerte. So lange jedenfalls bis er mit dem dabei verdientem Geld zu wirtschaften begann. Voltaire auch ein exzellenter Geschäftsmann.
Zweifellos ein kritischer Geist seiner Zeit, gilt seine Aufmerksamkeit sein ganzes Leben lang den Missständen durch Kirche und Staat.
Seine Werkzeuge sind Worte, mit denen er das zum Ausdruck bringt, was damals als unsagbar gilt.
Seine Religionskritik ist weltberühmt, wobei Voltaire vielmehr als Agnostiker und Deist das Christentum als eine Lehre der Falschheit und des willentlichen Betrugs zu entlarven sucht, nicht jedoch als Atheist eine Welt ohne Schöpfer sowie Sinn und Zweck verkündet, wie andere Gestalten seiner Zeit, allem voran der Pfarrer aus den Ardennen, Jean Meslier.
Voltaire selber sieht eine Ordnung in den Dingen, zumindest scheint ihm, als verlangen sie nach ihr. Das Christentum täuscht jedoch mit seiner Interpretation, auch ist sie nicht in der bestehenden Monarchie und Feudalherrschaft begründet. Diese seien falsch und voller Übel. Aussagen, die Voltaire viel Missgunst auch unter seinen Gönnern einbrachten. Er spielte gerne mit dem Feuer und das reichlich viel.
Volker Reinhardt berichtet von der gewaltigen geistigen Auseinandersetzung dieses literarischen Genies, während er in schöner und verständlicher Sprache dessen Biographie erzählt. Dabei berichtet er von zahlreichen interessanten Begebenheiten aus dem an Tempo und Dynamik reichen Leben des Protagonisten.
Für mich, der Voltaire von einer Lektüre des „Candide“ kennt, war es von großem Interesse mehr über diesen kontroversen Verseschmied und philosophischen Freigeist zu erfahren. Es entsteht ein Bild von einem französischen Gentelman, der immer wieder den Geist der Freiheit zu den Bürgern und lebendigen Menschen bringt. Jenen am stärksten von den jeweiligen Systemen eingenommenen und ausgebeuteten Volksschichten seiner Zeit. Den leidtragenden Tagelöhnern, Bauern, Handwerkern, und ihren „natifs“, Nachkommen und Kindeskindern.
Ein Vergnügen alleine die profunde Recherche des Professors für Geschichte an der Universität Fribourg, Volker Reinhardt. Beeindruckend sein Wissen von dem Literaten und seiner Zeit, sowie die sprachliche Ausarbeitung und Darbietung des Themas: des Lebens einer berühmten literarischen Persönlichkeit im Frankreich des vorrevolutionären Ancien Regimes.
Voltaire, so mein dabei entstandener Eindruck, war der Beginn einer Aufklärung, die auch meine humanistischen Werte begünstigt hat. Daher auch ein geistiger Verwandter und schillerndes Vorbild.
Doch eine idealisierte und letztendlich utopische Darstellung dieses Menschen ist nicht die Absicht des Autors, seine Schwankungen und Widersprüche zeigt Volker Reinhardt deutlich und immer wiederkehrend durch sein gesamtes Werk hindurch.
Wohl auch deswegen meine klare und eindeutige Leseempfehlung.
Erhältlich bei der wbg: https://www.wbg-wissenverbindet.de/shop/42050/volker-reinhardt-voltaire
Liebe Frau Jung,
vielen Dank für Ihren Kommentar und gern geschehen. Auf selbiger Grundlage habe ich mich dem Leben und Werk dieses Aufklärers par exellence genähert. Und es hat sich zwischendurch gelohnt.
Vielleicht auch als Anreiz manchmal mit seiner Meinung unbequem zu sein und es bis ins hohe Alter zu bleiben.
Viele Grüße
Marcin Lupa