Für meine Stieftochter eine einfache Übung im Kunstunterricht, für mich ein kleines Kunstwerk.
Dass eine Sechstklässlerin so eine Technik beherrscht, ist für mich erstaunlich.
Sie will Animationsfilme gestalten, wenn sie erwachsen wird. Bis dahin zeichnet sie in jeder freien Minute.
Auch wenn wir es in Kauf nehmen müssen, für Augenblicke unsere Tochter an die künstlerische Zwischenwelt zu verlieren, da sie kaum ansprechbar ist, so freuen wir uns, dass sie darin aufgeht und eine Leidenschaft dafür entwickelt.
Wir fordern keine Leistung, unterstützen sie dennoch stets, in der Kreativität ihre Bestimmung zu finden.
Als Person mit schwerwiegenden Handicaps findet meine Stieftochter in der Kunst den Ausgleich und die Anerkennung, die sie durch ihre Behinderung im täglichen Leben einbüßen muss.
Ihre Andersartigkeit macht sie für die Kunst besonders feinfühlig und empfindsam.
Aus der Perspektive der Zeit kann ich feststellen, dass jeder Mangel auch eine Chance erzeugen kann.
Waren wir erschüttert über das fehlende Sprechen in ihrer frühesten Kindheit, so lieferte sie die Möglichkeit sich anders ausdrücken zu können, durch Kunst und Kreativität.
Auch ihre besondere Wahrnehmung, die die Fachleute als Störung bezeichnen, bedeutet für sie eine andere Betrachtungsweise der Wirklichkeit. Diese jedoch bleibt immer eine Sache der Interpretation.
Durch die Kunst meiner Stieftochter erlebt sie das Entgegenwirken zur Ausgrenzung, die sie jahrelang erfuhr. Sie integriert sich in die Peergroups, findet Gleichgesinnte, bezaubert und begeistert.
Liebe Frau Hitzmann,
ich danke Ihnen sehr, dass Sie die Arbeit meiner Stieftochter würdigen. Von allen Schulfächern liebt sie neben den Sprachen den Kunstunterricht am meisten. Und wir Eltern/Stiefeltern fördern ihr Talent so gut wir können. Designerstifte wurden gekauft und eine nächste Anschaffung wird ein Zeichentablet mit Zeichenprogramm sein, denn meine Stieftochter begrüßt die Entwicklung der digitalen Kunst besonders sehr.